Kommt das Einheitssystem in der Krankenversicherung?

Erfurt. Die Barmer GEK Thüringen setzt sich als eine der ersten gesetzlichen Krankenkassen für eine neue Regelung ein. Nach Ansicht der Barmer sollen privatversicherte Patienten künftig einfacher zu einer gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wechseln können. Damit ist nicht nur die politische Auseinandersetzung unter den Parteien vorprogrammiert, auch die Kassen sind sich nicht einig.

Wann ist der Wechsel von der PKV zur GKV möglich bzw. vorgeschrieben?

Im wesentlichen sind es drei Fälle, in denen ein Wechsel von der PKV in die gesetzliche Versicherung vorgeschrieben ist.

Um sich privat versichern zu können, darf man als Arbeitnehmer die Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAE) nicht unterschreiten Im Jahr 2018 lag sie bei 59.400 Euro. Wer weniger verdient, wechselt in die GKV.

In der GKV versichern können sich auch (ehemals) privatversicherte Selbstständige, wenn sie eine Festanstellung annehmen und dort mit ihrem Verdienst unterhalb der JAE bleiben.

Und auch Jugendliche, die privat versichert sind, werden in der gesetzlichen Krankenkasse versicherungspflichtig, wenn sie eine Ausbildung beginnen oder nach dem Studium mit ihrer Berufstätigkeit starten.

Der Wechsel soll einfacher werden

Während die SPD Thüringens dem Vorschlag durchaus offen gegenüber steht, lehnt ihn die CDU kategorisch ab. Auch der Verband der Privaten Krankenversicherungen (PKV) sieht bereits ein düsteres Szenario für die Zukunft voraus.

Worum geht es? Bislang können Privatversicherte nur bis zum 55. Lebensjahr in eine GKV wechseln. Der Gesetzgeber hat diese Altersgrenze festgelegt, um zu verhindern, dass Beitragszahler in jungen Jahren die niedrigen Sätze der GKV bezahlen und dann im Alter, wenn die PKV teuer wird, in die günstigere GKV übertreten. Dennoch sagt Robert Büssow, der Pressesprecher der Barmer GEK Thüringen: „Wir erleben tagtäglich, dass Privatversicherte zurück in die gesetzliche Krankenversicherung möchten. Wir brauchen einen Markt, in dem für Gesetzliche und Private dieselben Regeln gelten. Dabei sollte ein nachteilsfreies Wechselrecht für alle Privatversicherten geschaffen werden. Beim Wechsel zum neuen Versicherer muss sichergestellt werden, dass Altersrückstellungen vollständig mitgenommen werden können.“

Die SPD sagt ja, die CDU nein.

Für diesen Vorschlag kann Büssow mit Unterstützung der SPD rechnen. So sagt Thomas Hartung, der gesundheitspolitische Sprecher der SPD Landtagsfraktion, dass die GKV dem privaten System überlegen sei. Die SPD begrüße daher jede Initiative, die das Verhältnis zugunsten der GKV verschiebe. Und weiter meint Hartung:“Allen Privatversicherten sollte eine Zweijahresfrist eingeräumt werden, in der diese in eine gesetzliche Versicherung wechseln können.“ Demgegenüber habe sich nach Ansicht der CDU Fraktion das aktuelle System gut bewährt. Es sei außerdem durchaus innovationsfördernd. Man könne sich eine Regelung vorstellen, um Härtefälle zu vermeiden, sagt Christoph Zippel. Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU Fraktion erläutert: „Nichtsdestotrotz müssen die Hürden für einen Wechsel hoch bleiben, um zu vermeiden, dass die Gesetzlichen Krankenkassen durch die Übernahme von Versicherten, die bislang keine Beiträge zahlten, überfordert werden.“

Es existieren rund 25 Millionen private Zusatzversicherungen

Dominik Heck, der Verbandssprecher der PKV, hält die ganze Debatte für ein politisches Kalkül, mit dem Ziel, ein einheitliches Versicherungssystem zu schaffen. GKV und PKV sollen abgeschafft werden, so Heck, zugunsten eines Einheitssystems. „Mit schlimmen Folgen für alle Versicherten.“

Denn laut PKV-Verband seien die Zu- und Abgänge bundesweit in etwa ausgeglichen. Rund 130.000 Versicherte würden die PKV verlassen, aber in dieser Größenordnung kämen auch jedes Jahr neue Mitglieder zur PKV hinzu. Der überwiegende Anteil der Versicherten, der in die GKV wechseln würde, sei gesetzlich so vorgeschrieben, weil die Einkommensgrenze unterschritten würde. Für Dominik Heck ist es nicht nachvollziehbar, „warum manche den Wechsel nur einseitig zulasten der PKV diskutieren.“

Eine private Krankenversicherung kann jederzeit ergänzend zur gesetzlichen Versicherung abgeschlossen werden. Etwa 25 Millionen Zusatzversicherungen gab es 2106 in Deutschland. Anstelle einer gesetzlichen Krankenversicherung haben 8,77 Millionen im Jahr 2016 eine PKV abgeschlossen. Das entspricht etwa elf Prozent aller Versicherten in Deutschland.